Der Aufbau des Hundemagens¶
Der Magen des Hundes schließt sich an die Speiseröhre als sackartige Erweiterung an. Beide, Speiseröhre und Magen, bilden zusammen den Vorderdarm.
In leerem Zustand liegt der Magen komplett innerhalb des Brustkorbs. Wenn der Magen maximal gefüllt ist, kann er aber auch bis über den letzten Rippenbogen hinaus reichen und von außen ertastet werden.
Das ist auch ein Teil der Funktion des Magens. Er ist quasi die Handtasche unserer Vierbeiner. Welpen von frei lebenden Hunden bekommen in selbigem Futterbrocken an die Wurfhöhle gebracht und dort wieder hervor gewürgt. Dabei geht es nicht primär darum, dass die Nahrung in irgendeiner Weise vorverdaut wäre, sondern es ist schlicht die sicherste Methode etwas zu transportieren. Beute im Fang könnte von Konkurrenten streitig gemacht werden.
Aus dem gleichen Grund kann man den Magen auch als Vorratskammer begreifen. Kein frei lebendes Raubtier kann es sich leisten, gefangene Beute "für später" liegen zu lassen. Was man nicht sofort frisst, frisst ein anderer.
Schon lange haben wir die Erfahrung gemacht, dass Hunde, die nur eine Mahlzeit am Tag bekommen (bei gleicher Gesamtfuttermenge), weniger häufig Magen-Darm-Infekte und andere Probleme im Verdauungsbereich haben. 2022 wurde nun eine große Studie veröffentlicht, die statistisch nachgewiesen hat, dass Hunde, die seltener gefüttert werden, insgesamt gesünder sind - sogar unabhängig von der Art des Futters.
Daher raten wir auch dazu, ausgewachsene Hunde nur einmal am Tag zu füttern.
Funktionsweise des Hundemagens¶
Im Magen beginnt die Verdauung der Nahrung, da der Speichel des Hundes keine Verdauungsenzyme enthält.
Der Magensaft setzt sich dabei zusammen aus Schleimstoffen, Salzsäure, Pepsine und Lipasen. Die Erklärung der einzelnen Begriffe kommt jetzt:
Schleimstoffe¶
Die Schleimstoffe im Magensaft haben die Funktion, den Magen und seine Schleimhäute davor zu bewahren, durch die Verdauungsenzyme und Säure selbst angegriffen und verdaut zu werden. Man muss sich ja vor Augen führen, dass das Gewebe des Magens aus den gleichen Bestandteilen besteht, wie das Futter. Und so ein Enzym, das da in der Suppe herum schwimmt, weiß natürlich nicht, ob es gerade an einem Futterstück klebt oder sich über eine Magenzelle des Hundes her macht. Deswegen muss der direkte Kontakt zwischen Magen und dessen Inhalt vermieden werden. Und diese Aufgabe erfüllen eben die gebildeten Schleimstoffe.
Salzsäure¶
Die Salzsäure hat drei Aufgaben. Zum einen senkt sie den pH-Wert in einen wirklich tiefen Bereich ab, so dass der Futterbrei nicht gären oder faulen kann. Außerdem bewirkt der niedrige pH-Wert eine Denaturierung der Proteine. Ähnlich wie beim Kochen verändert sich deren Struktur und sind dadurch überhaupt erst für das Pepsin angreifbar. Gleichzeitig braucht das Pepsin ebenfalls einen pH-Wert zwischen 1,5 und 3,5 um arbeiten zu können. Im Grunde ist das eine weitere Sicherung, die sich die Natur hat einfallen lassen: dadurch, dass das Pepsin in so einem tiefen pH-Bereich arbeitet, ist sichergestellt, dass es nicht irgendwo an anderer Stelle im Körper Unfug anstellen kann.
Pepsin¶
Pepsin ist dann das eigentliche Enzym im Magen, das Proteine (Eiweiße) verdaut. Genau genommen, spaltet Pepsin die langen Eiweißketten in der Mitte in kürzere. Man kann sich das wie folgt vorstellen. Wenn ein Nahrungsbrocken ein Buch ist, dann sorgt die Salzsäure dafür, dass es in die einzelnen Seiten zerlegt wird. Und das Pepsin zerschneidet die Seiten dann in einzelne Sätze.
Lipase¶
Die Lipase ist ein Enzym, das Fette spaltet. Ihre Aktivität ist bei Hunden im Vergleich zu anderen Säugetieren sehr hoch. Da Hunde in ihrer natürlichen Nahrung wenig Kohlehydrate vorfinden und eine Proteinüberversorgung ausschließen müssen, bleibt ihnen nur, ihren Energiebedarf primär durch Fett zu decken.
Also im Magen des Hundes wird die Verdauung von Proteinen und Fetten begonnen. Aber was ist mit den Kohlehydraten? Nichts. Kohlehydrate werden beim Hund erst im Darm verdaut. Bis dorthin hat der Hund keine Enzyme um mit deren Bearbeitung zu beginnen.
Menge der Magensäfte¶
Die Produktion des Magensafts wird beim Hund durch zwei Faktoren ausgelöst. Zum einen - jeder Hundemensch kennt es - wenn der Hund an bestimmte Fütterungszeiten gewöhnt ist oder wenn der Mensch typische Handlungen zur Zubereitung des Futters vornimmt. Man nennt das auch die Gehirnphase.
Sobald dann aber tatsächlich Futter im Magen ist, bewirken die Dehnungsreize und erste Verdauungsprodukte eine weitere Ausschüttung der Magensäfte.
Dabei macht es durchaus einen Unterschied, was da in den Magen gelangt. Bei Fleisch und anderen tierischen Zutaten steigt die Produktion gleichmäßig mit der Menge. Bei Brot, Kartoffeln oder Butter dagegen nicht. Und auch blanke Knochen regen die Produktion der Magensäfte nur unzureichend an. Daher füttert man Knochen idealerweise nach einer fleischigen Mahlzeit, wie auch in unserem Artikel zum Einstieg in die Knochenfütterung beschrieben.
Transport des Futters in und durch den Magen¶
Über die Speiseröhre gelangen die Futterbestandteile in den kugelförmigen, vorderen Teil des Magens, der überaus dehnbar ist und in dessen Drüsen die Magensäfte produziert werden. Hier geschieht die oben beschriebene erste Stufe der Verdauung. Wobei breiartige oder stark zusammenklebende Futtermittel deutlich langsamer von den Magensäften durchtränkt werden, als stückige. Im eher schlauchartigen, hinteren Teil des Magens, wird der dann schon sehr stark verflüssigte Nahrungsbrei kräftig durchmischt und schließlich in den Darm weiter geleitet.
Die Entscheidung darüber, wann etwas vom Magen in den Darm weiter gegeben wird, wird von beiden Seiten getroffen. Im Magen ist hauptsächlich der Grad der Zerkleinerung und der Verflüssigung entscheidend. Im Darm dagegen, spielt der pH-Wert eine große Rolle, sowie die Konzentration an Verdauungsprodukten. Der pH-Wert ist deshalb entscheidend, weil der Mageninhalt ja sehr sauer ist (ph 1,5-3,5), die Enzyme und Darmflora im Darm damit aber gar nicht zurecht kommen würden. Deswegen arbeiten im ersten Teil des Darms Drüsen daran, den pH-Wert wieder auf einen neutralen Bereich zu bringen. Erst wenn das erfolgt ist, kann weiterer Mageninhalt aufgenommen werden.
Diese Gegebenheiten sind übrigens auch der Grund, warum wir bei der Frage: "Stückig oder gewolft?" zu stückig raten.
Erkrankungen¶
Natürlich gibt es auch einige Erkrankung des Magens, die ein Hund sich zuziehen kann. Die wohl am meisten gefürchtete ist die
Magendrehung¶
Bei einer Magendrehung dreht sich der Magen einmal um sich selbst. Man kann sich das vorstellen, wie einen Leinenbeutel, den man an den Griffen fest hält und dann einmal durch die Mitte schleudert. Und so wie dann beim Leinenbeutel die Griffe verdreht und verwunden sind, so geht es bei einer Magendrehung leider auch den Nerven und Blutgefäßen, die den Magen versorgen. Deswegen ist eine Magendrehung immer lebensbedrohlich und muss schnellstmöglich operiert werden.
Leider ist trotz viel Forschung bisher nicht bekannt, was eine Magendrehung auslöst. Viele diskutierte Faktoren haben sich als nicht ursächlich erwiesen. Weder die Futtermenge, noch die Häufigkeit, noch Bewegung nach dem Füttern oder Zusammensetzung des Futters hat irgendeinen nachweisbaren Einfluss.
Der einzige Zusammenhang, den man bisher nachweisen konnte ist, dass es eine genetische Disposition gibt. Also Hunde, unter deren Vorfahren es bereits Fälle von Magendrehungen gab, haben ein höheres Risiko. Außerdem sind manche Rassen anfälliger und es sind fast ausschließlich Hunde mit mehr als 20kg Körpergewicht betroffen.
Wenn man einen größeren Hund hat und sich dessen Allgemeinbefinden schnell deutlich verschlechtert, sowie der sonst weiche Bauchraum zunehmen fester wird und aufgebläht wirkt, sollte man sich schleunigst in eine Tierklinik begeben. Idealerweise vorher oder während der Fahrt anrufen und ankündigen.
Übersäuerung¶
Nicht selten wird auch davon gesprochen, dass Hunde "übersäuern". Die Menschen verstehen dann oft, dass der Hund zu viel Magensäure gebildet habe. Nur ist das tatsächlich kaum möglich. Wie wir oben gesehen haben, ist der Magen des Hundes auf sehr niedrige pH-Werte eingestellt und hat damit in gesundem Zustand gar kein Problem. Was oft eine Ursache für die Diagnose Übersäuerung ist, ist das sogenannte Nüchternbrechen. Das tritt auf, wenn der Hund Nahrung erwartet und schon beginnt, Magensäfte zu bilden, aber dann kommt keine Nahrung. Eine andere Ursache kann sein, dass nicht genug Schleimstoffe gebildet werden und die Magenschleimhaut angegriffen oder sogar verletzt ist.
Leider wird dann oft zu Magensäureblockern gegriffen. Diese bringen nur das Problem mit sich, dass die Verdauung dann gar nicht mehr gut funktionieren kann, weil nicht genug Salzsäure gebildet wird, um das Pepsin zu aktivieren.
Es macht daher Sinn, wenn der Begriff Übersäuerung genannt wird, tatsächlich nach der genauen Ursache der Probleme zu forschen, damit man mit einer Behandlung nicht sogar Dinge verschlimmert.
Erbrechen¶
Natürlich können sich Hunde auch einfach "den Magen verderben". Allerdings kommt das auf Grund des tiefen pH-Werts im Magen gar nicht so häufig vor. Viel häufiger sind andere Ursachen, des Erbrechens wie zum Beispiel schlicht, dass der Hund sich einen gemütlicheren Platz zum Fressen suchen möchte oder ein zu großes Stück Knochen geschluckt wurde, das erst noch weiter bearbeitet werden muss.
Helicobacter¶
Eine unangenehme, weil schwer zu diagnostizierende und auch nicht ganz einfach zu behandelnde Infektion ist eine mit Helicobacter spec. Viele Hunde (und auch Menschen) beherbergen diesen Keim ohne Schwierigkeiten zu haben. Aber manchmal kann er Überhand gewinnen und dann immer wieder kehrende Symptome machen. Am häufigsten bei Hunden ist sporadisches, scheinbar grundloses Erbrechen.
Wenn der Hund über mehrere Wochen immer wieder ohne Grund (Knochenstücke, Gras gefressen, o.ä.) erbricht, macht es Sinn, etwas von dem Erbrochenen einzusammeln und auf Helicobacter untersuchen zu lassen.
Gesunderhaltung¶
Es gibt einige Dinge, die man tun kann, um den Magen des Hundes gesund zu erhalten. Neben artgerechter Ernährung gehört dazu eben auch eine sinnvolle Stückgröße des Futters und sinnvolle Fütterungszeiten. Wenn doch mal der Verdacht eines Infekts besteht, kann die Moro-Suppe nicht selten die Notwendigkeit eines Tierarztbesuchs ersparen.
Im großen und ganzen sind gebarfte Hunde aber sowieso mit einem sehr robusten Magen ausgestattet, den so schnell nichts aus der Bahn wirft.
Quellen:
Meyer / Zentek "Ernährung des Hundes"